Kurz nach dem 30.jährigen Krieg lauschte das junge
Volk eines Abends im Winter den Geschichten des
alten Steigers. Sie waren guter Dinge, lachten tanzten und sangen. Nur Annlies saß niedergedrückt da, denn ihr Liebster war noch nicht aus dem Krieg
zurückgekehrt. Das drückte natürlich die Stimmung.
Bis einer der Burschen draußen ein Geräusch hörte. Es war ein Reiter auf einem Schimmel, es war tatsächlich Annlies' Liebster. Er hob sie auf sein Pferd und zusammen ging es den Berg hinauf Richtung Solz.
Oben auf der Anhöhe verfiel das Pferd in einen ruhigen Schritt. Als der Mond hinter den Wolken hervorkam und das Gesicht des Reiters erleuchtete, erschrak Annlies:
Das einst vertraute Gesicht war nicht mehr zu
erkennen, nur noch die Knochen ihres Geliebten waren unter der Rüstung vorhanden..

 

... Annlies wollte fliehen, doch der Reiter hielt sie fest und ritt weiter auf Solz zu, an der Friedhofsmauer entlang, durch die Tür mitten auf den Friedhof. Dort hielt der Reiter auf ein offenes Grab zu und sie wusste, dass er gedachte sie ins Reich der Toten mitzunehmen.
In letzter Sekunde jedoch, als das Pferd gerade zum
Sprung ansetzte, konnte sich Annlies befreien und vom Pferd springen.
Sie eilte auf den Ausgang zu, der Reiter aber eilte ihr nach und versuchte sie wieder zu fassen. Da schlug die Uhr die Geisterstunde - und er musste sie lassen, durfte nicht folgen. Seine kalte Knochenhand griff nur den Mauerstein. Leider war Annies damit nicht gerettet. Am nächsten morgen fand man sie im Schnee vor dem Pfarrhaus. Sie war ohnmächtig zusammen gebrochen und erfroren.

 


Den alten Friedhof gibt es nicht mehr, doch die
Aussenmauer mit der zugemauerten Eingangstür ist
erhalten. Im oberen waagerechten Sandsteinquarter
der Tür ist ein Abdruck zu sehen, der nach Ansicht
vieler Menschen dem einer knöchernen Hand ähnelt.